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Es ist ein kleines, aber
gemeines Körperteil, das vorzugsweise in der männlichen Ausführung
Leid und Unglück über Mensch und Beziehung bringt. Wo das Gaumensegel
spricht, schweigt die Vernunft, und die Liebe wird müde. Weil sie
nicht schlafen kann - und das, obwohl sie morgen früh um sechs schon
wieder raus muß.
Im Schlafzimmer stellt sich
die letzte und alles entscheidende Machtfrage, und die kennen wir aus alten
Stabü-Tagen: Wer wen? Oder auch: Wem nützt es es? Derart ideologisch
betrachtet muß man zunächst einmal sagen, daß Schnarchen
allenfalls dem Schnarcher selbst nützt, obwohl der Wert dieses Tuns
auch bei eingehender Überlegung nicht klar wird. Man könnte fast
annehmen, der liebe Gott habe aus lauter Boshaftigkeit den Keim des Unfriedens
ins letzte Refugium trauter Zweisamkeit legen wollen. Als wären wir
zwei: Du, ich und dein Gaumensegel. Dort, wo alles beginnt und endet, in
der Kiste, den Federn, im Bett, auch dort soll keine Harmonie sein. Zumindest
nicht lange. Denn das Ganze ist geschickt eingefädelt. Entweder schnarchen
verliebte Männer nicht (das wäre zumindest ein interessanter
Beweis dafür, daß Männer doch Gefühle haben), oder
verliebte Frauen sind nicht nur blind, sondern auch erstaunlich taub. Oder
aber, schlimmer noch, sie finden das Gegrunze von nebenan süß
oder sind gerührt oder anderweitig geistesgestört und deshalb
daran gehindert, den Schnarcher schnellstens zu fliehen. Dann sind sie
freilich selbst schuld und sollen zeitlebens ordentlich beschnarcht sein.
Und sich nicht beschweren.
Ich aber beschwere mich, denn ich habe nicht all inclusive gebucht. Des Nachts
schlafe ich zuweilen gern einmal, vielleicht hätte ich das vor Einzug ins gemeinsame Schlafzimmer
in dieser Deutlichkeit sagen sollen. Konnte der Schnarcher ja nicht wissen,
daß es Menschen gibt, die zwischen zwei und fünf besseres zu
tun haben, als ihm zu lauschen. Sofern er natürlich überhaupt
Töne von sich gibt, denn in Wahrheit hat er ja gar nicht geschlafen,
kann also auch nicht geschnarcht haben! Der Schnarcher ist ein Phantom,
das schwer zur Strecke zu bringen ist. Egal, ob er schnarrt, rasselt, fiept,
ächzt, krächzt, grunzt, pfeift, röchelt, zirpt oder tiriliert
- sobald die empörte Rede drauf kommt, wird er zum Kindergartenkind,
das bei leisester Ansprache sofort die Hände zur Abwehr erhebt und
beleidigt ausruft: Ich war's nicht!
Also was tun? Abhöranlagen
installieren? Ehescheidung einreichen? Oder dem spontanen Reflex zum Erdrosseln
des akustischen Schwerverbrechers nachgeben? Nein, es macht keinen Spaß,
jemanden zu würgen, der sowieso schon klingt, als hätte er eine
Schraubzwinge als Halskrause angelegt. Oder wie schon Gundermann, der übrigens
ein Schnarcher vor dem Herrn gewesen sein soll, sang: viel zu kurze Messer
und viel zu lange Nächte. Es gibt Frauen, denen die Natur die Waffe
des Selber-Schnarchens gab. Nicht schlecht, aber Vorsicht: Ist akut lebensverkürzend.
So klingt?s zumindest. Bleibt also der schwache Trost, daß es sich
eher früher als später ausgeschnarcht hat. Ob man von einem Schnarcher
auch behauptet, er sei ruhig eingeschlafen?
Ella Hummelsteg
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